Watch Dogs - Review aller Versionen

Das Team und watchdogs-game.de hat endlich sein Fazit fertig. Nach 3 Wochen purem Spielen auf sämtlichen Plattformen steht unser Eindruck. Wer hat welche Version getestet?

Review PC-Version von Shirakawa

Wer sich Hacker wie die Gruppe Anonymus vorstellt, die sich still und heimlich in den Weiten des Internets unbemerkt bewegt, bekommt einen Eindruck, wer in Watch Dogs die Fäden zieht. Fremde Gruppen spielen mit Daten, hacken sich in ein Systeme ein, welches die Regierung zur Selbstkontrolle erfunden hat - ohne Rücksicht auf die Bürger und ihren geschützen Raum -und bekriegen sich im Untergrund um die besten Plätze in einer auf Daten basierten Welt. Viel Zündstoff für eine packende, düstere Welt, die von der Realität kaum weiter entfernt sein mag.

Und dennoch verpufft das Potenzial in kleineren Wolken. Warum? Weil diese Themen zuweilen oberflächlich behandelt werden, in die Tiefe scheint man sich noch nicht zu trauen. Die Viceroys, die mit der lokalen Mafia und Lucky Quinn Geschäfte machen, sind durch ihren Anführer Iraq zwar gut in Szene gesetzt, doch von einem wirklichen Krieg zwischen Untergrundgruppen ist noch nichts zu spüren. Dennoch sind die Charaktere, ob Jordi, Clara Lille (die man schon ins Herz schließen kann mit ihrer Naivität) oder T-Bone die Stärke des Spiels, da ihre Motive stehts nachvollziehbar sind und ihre Charaktere gut in das Gesamtbild passen. Selbst hier gibt es den ein oder anderen Aha Effekt, den man so gar nicht auf dem Schirm hatte.

Dennoch: DedSec, die als Hackergruppe gegen die Viceroys und die lokale Mafia korrumpiert, ist in aller Munde, doch kaum greifbar. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Geschichte erst ihren Anfang nimmt, und wie bei jedem Film der Höhepunkt in den folgenden Teilen kommt. Auch eine Zuspitzung der Situation zwischen Hackern und dem CtOS/Regierung findet erst am Ende statt, im Spiel selbst will es nicht so ganz durchkommen, trotz der Tatsache, dass man mit seinen Ruf die Quittung bei der Regierung und Bevölkerung kassieren kann und dies auch gut funktioniert. Man will mehr, bekommt aber nur einen Schluck.

Und da wäre noch der Protagonist Aiden, der in das ganze Gefüge hineinfällt und sich durch seine Hackertaten ins persönliche Aus schießt – bei seiner Familie und bei einigen anderen größeren Gestalten. Ein für mich guter Gedanke, wäre Aiden nicht so unglaubwürdig hin und hergerissen. Ein Charakter, der nicht fertig konstruiert ist, zwar an Selbstzweifeln hängt (Bin ich wirklich schon so böse?) aber gewalttätig die Doppelmoralkeule wirft. Spannend ist dennoch der Zwist mit ihm und seiner Familie, die als Druckmittel gegen ihn eingesetzt wird und entführt wird. Die Familie, bestehend aus Schwester und Neffen, bekommt aber erst von seiner Selbstjustiz und dem Ruf als „selbsternannter Rächer“ aber erst im Laufe der Geschichte Gewissheit. Schwach ist aber auch hier die fade Auflösung und der Logikbruch am Ende der Story, nachdem Motto: Moment, die hat doch in ein Telefon gesprochen, das muss ich mal eben zurückverfolgen.

Missionsdesign und Gameplay

Wäre Watch Dogs eine Pralinenschachtel, würde man den Boden noch nicht einmal in 5 Jahren sehen. Okay, das ist übertrieben, dennoch gibt es einige Aktivitäten, die Aiden auf seiner Reise durch Chicago starten kann: Ganggruppen eliminieren, Konvois aufhalten, Fixer-Aufträge starten – das alles ist Abwechslungsreich und gut inszeniert. Die Hauptmissionen sind ebenfalls gut umgesetzt, wiederholen sich hier und da aber recht häufig in ihrem Kern. Spannend sind jedoch die Schleichfahrten um die Polizei herum, die für meinen Geschmack dann doch recht wenig vorkamen. Und für Zwischendurch gibt es da noch die Digital Trips. Kleine Minispiele mit Suchtfaktor. Ob in Madness mit einer aufgemotzten Karre Zombies umflügen, als Riesenspinne die Welt unsicher machen – immer wieder wird man erwischt wie man sich sagt: Noch einmal dann ist Schluss. Und wieder hat man Skillpunkte geschaufelt und testet erneut die erweiterten Fähigkeiten in der Hoffnung seinen Highscore zu knacken. Verdammt jetzt ist Schluss. Moment: Hüttchenspiele, das mach ich auch noch – oh schon 5 Uhr.

Fahrzeug vs. Tastatur

Das Fahrzeugverhalten ist gewöhnungsbedürftig und geht erst nach einigen Stunden gut von der Hand, auch mit der Tastatur. Verschiedene Typen von Fahrzeugen kristallisieren sich nach einigen Stunden heraus, somit mag der Spieler einen Favoriten für sich gewinnen. Dennoch ist bei Verfolgungsjagden das Minispiel mit den Quicktime-Events gut gelungen und macht auch nach mehreren Stunden immer noch Spaß, gerade auch, weil es zu spektakulären Szenen kommt. Was Deckungsverhalten und Handhabung von Aiden im Kampf angeht, geht dies flüssig von die Hand. Die Kamera zwickt zwar an einigen Stellen und stört beim Versuch Helikopter in freier Fahrt zu hacken. Dennoch sind dies kleinere Übel, die den Gesamteindruck nicht schmälern.

Aiden hat im Laufe der Story verschiedene Möglichkeiten seine Fähigkeiten zu erweitern. Der Skilltree ist für ein Open-World Spiel angenehm groß und mit sinnvollen Fähigkeiten bestückt. Allerdings bekommt Aiden relativ schnell eine gehörige Portion Skillpunkte, so das die Nebenmissionen nur geringfügig die Motivation beim Sammeln von neuen Skillpunkten steigern. Hier hätte Ubisoft das Ganze etwas mehr ausbalancieren müssen. Durch den Fokus (Verlangsamung) bekommt man zusätzlich ein freies Tool um schwierige Situationen besser zu timen. Oft gebraucht habe ich ihn allerdings nicht.

Auch Geld ist im Laufe des Spiels kein Problem. Eine Million zu knacken ringt manchem Spieler ein müdes Lächeln ab, denn die Frage wohin mit der Kohle bleibt unbeantwortet. Okay, Kleidung kann man kaufen. Aber warum kann man nicht das Apartment verbessern oder die freie Wahl haben, welches Apartement man kaufen/mieten möchte? So verkommen die diversen Apartements zur Randnotiz auf der Karte, denn auch hier ist eine längerfristige Nutzung - außer Speichern, für das man aber auch nicht unbedingt das Apartement braucht - nicht gegeben.

Waffen? Kann man natürlich auch kaufen aber wo sind die Upgrades? Vielleicht hätte ich gerne eine Sniper mit Schalldämpfer? Nichts zu sehen. Auch die Cafés und Bars sind ganz nett, dennoch ist die Auswahl beim Essen sehr mager. Ein Kaffe oder Energy-Drink steigert zwar den Focus, aber außerhalb der Missionen ist dieses "Feature" relativ sinnfrei. Hier merkt man, dass die Entwickler in manchen Dingen nicht zuende gedacht haben.

FX – Der richtige Wums

Wenn Pixel fliegen und krachen, muss dies durch den geeigneten Wumms auch für das Ohr schmackhaft gemacht werden. Das gelingt Watch Dogs in weiten Teilen des Spiels hervorragend. Ob Autos oder Knarre, viele Bereiche wurden mit guten FX Sounds umgesetzt, wobei es auch hier Schwächen gibt. Der Motorradsound hört sich recht häufig dünn an im Vergleich zum restlichen Fuhrpark. Die gelungene deutsche Synchronisation ist ebenfalls ein Pluspunkt. Allerdings wurde nicht alles auf Deutsch synchronisiert. Das fällt besonders bei den NPC's auf. Dort findet man häufig ein Gemisch aus englischer und deutsche Sprache, allerdings nicht so schlimm wie bei Assassins Creed Black Flag. Dennoch hat Ubisoft auch hier gespart.

Schon das Handy ausgepackt? Nicht? Dann wird’s Zeit. Aidens Smartphone beherbergt als musikalische Unterstützung einige TopTitel, die in einer Art Playlist zusammengeführt werden. Als musikalische Untermalung top, denn die Liste lässt verschiedene Lieblingsgenre zu. Doch auch der Score ist beeindruckend und verstärkt das düstere Hackerszenario. Verfolgungsjagden, Schleichpassagen oder pure Action werden durch die Impulse der Musik deutlich gemacht ohne an den Nerven zu zerren. Trotz des guten allgemeinen Sounds fällt auf, dass die Gesamtlautstärke insgesamt recht niedrig ist und bei Actionszenen maximal die -10 dBfs erreicht, bei einem relativ großen Dynamikumfang von 20 dB. Dymanik ist eigentlich eine gute Sache, dennoch schwierig wenn der leiseste Pegel unter einen Wert rutscht, bei dem man die Boxen bis zum Anschlag aufdrehen muss. Hier sollte Ubisoft nachbessern.

Grafik

Die Grafik gehört natürlich zu den Stärken von Watch Dogs. Getestet wurde die PC Version auf einem I5er mit 3.4 GhZ (Turbo bis 3.8 Ghz) und einer Geforce GTX 770 mit 2 GB Videospeicher. Damit sind Hohe- bis Ultraeinstellungen möglich, allerdings mit merklichen Performance-Einbrüchen, die sich in Minirucklern äußern. Dennoch ist eine gute Qualität gewährleistet, wenn man die Textuhrqualität minimal herunterschraubt und somit die Performance verbessern kann. Besonders bei Regen und Gewitter scheint die Next-Gen Grafik durch, die Reflektionen sind atemberaubend und die herumfliegenden Blätter und die wiegenden Bäume im Wind verstärken die Atmosphäre. Aber auch hier scheint Ubisoft sich nur auf einige wenige Wetterzeiten zu beschränken, die aufpoliert worden sind. So sieht es bei Tag und Trockenheit weniger atemberaubend aus, als bei Nacht und Regen, die morgendliche Stimmung ist weniger pompös, als bei anderen Openworldspielen wie Read Dead Redemption oder GTA. Das ist meckern auf hohem Niveau und trotz fehlender Einzelheiten im Vergleich zum E3 Trailer (weniger Rauchpartikel auf Straßen, einzelne Lämpchen beim Ambrose Theater fehlen), wirkt das Grafikgerüst stimmig und qualitativ hochwertig. Auch positiv: Schwerwiegende Bugs sind mir nicht untergekommen, das Spiel läuft stabil, auch die Ladezeiten waren angenehm schnell.

Fazit

Watch Dogs ist der Anfang einer Serie, die Ubisoft weiter vorantragen möchte. Der Start ist gelungen, auch wenn der Titel eher die Räder mit bekannten Mechaniken aus Assassins Creed oder Splinter Cell neu aufzieht. Ein wenig mehr eigener Touch würde dem Spiel gut tun. Die Diskussion um den grafischen Downgrade ist zuweilen an den Haaren herbei gezogen, macht Watch Dogs einen insgesamt runden Eindruck. Meine Hoffnung ist es, dass sich das Team mehr um das Storypotenzial kümmert, denn das wird sicherlich die Stärke der Serie sein, natürlich mit geeigneten Hackertools.

Gesondert (fließt nicht in Gesamtwertung ein, da nur einzelnd getestet) | Multiplayer – wo bist du?

Der Multiplayer wird von der Gesamtwertung ausgenommen, da nicht jeder die Möglichkeit hatte ihn zu testen.
Ein größter Knackpunkt und für mich gewaltiger Minuspunkt ist der Multiplayer. Nicht wegen den Missionen oder dem fehlenden Spaß, sondern wegen der Verfügbarkeit. Denn selbst nach 3 Wochen nach dem Release funktioniert dieser nur grenzwertig. Private Sessions sind nach meinem Erkenntnisstand immer noch nicht funktionsfähig, längere Wartezeiten sind immer noch der Standard und die Zuweisung der Server immer noch fehlerhaft. Als Lösung für die privaten Sessions wird unter anderem eine Porterweiterung angeboten, die auch noch falsch ist und nicht funktioniert. Ein No-Go Ubisoft und eine schwache Leistung!

Positiv:

  • Storyansätze und Thematik mit viel Potenzial...

  • starke Charaktere mit glaubhaften Motiven

  • Fülle an Missionen...

  • Nebenmissionen sind abwechslungsreich

  • Flüssiges Gameplay

  • Guter FX Sound

  • Hervorragender Score

  • gute musikalische Unterstützung

  • gute deutsche Synchronisation, die...

  • sehr gute Grafik, scharfe Texturen, Lichteffekte, Reflektion

  • Kaum Bugs

Negativ:

  • ..allerdings wenig ausgenutzt

  • Aiden wenig glaubwürdig

  • .. die sich im Kern leider wiederholen

  • zuweilen schwierige Kamera

  • Wohin mit dem Geld?

  • Keine individuellen Waffen-Upgrades

  • gewöhnungsbedürftiges Farzeugverhalten

  • Gesamtlautstärke zu niedrig

  • … aber nicht voll durchgezogen wurde (NPC's)

  • leichte Performance-Einbrüche/ Mikroruckler

  • qualitative Unterschiede bei verschiedenen Wetter- und Uhrzeiten

  • Multiplayer Verfügbarkeit sowie Funktionsfähigkeit inakzeptabel auch nach 3 Wochen!

PC-Wertung von Shirakawa:
Grafik: 95%
Gameplay: 87%
Story: 75%
Sound: 80%

Gesamt: 84%

Gesondert:

Multiplayer: 20%

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